Curriculum-Workshop 1997
Positionspapiere
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Das Informatikstudium: Zwischen wissenschaftlicher Erkenntnis und Erwerb von Berufsfähigkeit?
4. und 5. Dezember 1997, Hotel Rosop, Barnstorf
Erster Workshop im Rahmen des Projekts Informatica Feminale – Sommeruniversität für Frauen in der Informatik
Workshop-Organisation
Veronika Oechtering und Dr.-Ing. Karin Vosseberg
AG Theoretische Informatik
Fachbereich Mathematik/Informatik
Universität Bremen
Postfach 330440
28334 Bremen
Ziele eines neuen Curriculums
Silke Seehusen
Fachhochschule Lübeck, Stephensonstr. 3, D-23562 Lübeck
silke ''at'' acm.org
Positionspapier zum Curriculum-Workshop "Das Informatikstudium: Zwischen wissenschaftlicher Erkenntnis und Erwerb von Berufsfähigkeit"
Oktober 1997
1 Hintergrund
Gegenwärtig vollzieht sich ein Wandel unserer Gesellschaft über eine Informationsgesellschaft hin zu einer Wissensgesellschaft. Der Erwerb und die Anwendung von Wissen wird zunehmend ein entscheidender Faktor für Wirtschaft und Gesellschaft. Neben der Erstausbildung wird die berufliche Weiterbildung und das lebenslange Lernen stark an Bedeutung gewinnen. Insbesondere wird ein zielgerichtetes Lernen der einzelnen wichtig sein. Diese Herausforderungen werden eine Veränderung der Ausbildungsstätten und teilweise auch neue Lehr- und Lernformen notwendig machen. Durch den noch weiter zunehmenden Einsatz von Rechnern wird EDV Bestandteil der Ausbildung von fast allen technischen Studiengängen. Die Informatik muß dennoch als eigenständige wissenschaftliche Disziplin ausbaut werden. Frauen werden in technisierten Ausbildungsgängen wie z.B. der Informatik trotz Frauenfördermaßnahmen zurückgedrängt. Ein Grund liegt darin, daß die Ausbildungsgänge unnötig technisiert werden.
2 Ziele eines Neuen Curriculums
Vor diesem Hintergrund ist bei der Entwicklung eines Curriculums folgendes wichtig:
- Es müssen effektive Lehr- und Lernkonzepte entwickelt und eingesetzt werden, die den Anforderungen wie Vermittlung von Grundlagen, Konzepten, Zusammenhängen und Anwendungsmöglichkeiten sowie von Sozialen und Kommunikativen Kompetenzen gerecht werden.
- Es muß der unterschiedliche Zugang der einzelnen Lernenden zu Technik und Rechnern berücksichtigt werden. Das beeinflußt sowohl die Lehr- und Lernformen als auch die Inhalte. Zur Zeit muß insbesondere gegenüber der Dominanz von Inhalten und Formen, die im wesentlichen auf bei Männern vorherrschenden Denkstrukturen und Verhaltensformen gerichtet sind, Gegengewichte gesetzt werden.
- Das Curriculum sollte möglichst modular aufgebaut sein, wobei ein Modul in der Regel aus mehreren aufeinander abgestimmten Lehrveranstaltungen besteht.
- Die Moduln sollten inhaltlich relativ allgemein festgelegt werden, um aktuelle Lehrinhalte leicht aufnehmen zu können.
- Bei jedem Modul ist auch zu prüfen, ob es auch für andere Studiengänge angeboten werden kann.
- Generell sollte mehr Durchläßigkeit zwischen verschiedenen Studiengängen ermöglicht werden, insbesondere in den ersten 4 bis 6 Semestern.
- Ein Projekt, das in der Lösung einer größeren Aufgabe dient, über 2 bis 4 Semester läuft und von einer Gruppe von Studierenden bearbeitet wird, muß als Pflicht im Curriculum vorgeschrieben werden.
- Alle Lehrveranstaltungen sind mit Credit Points nach dem ETCS zu bewerten, um von vornherein eine Vergleichbarkeit in Europa herzustellen. Die Konzepte und Teile der Curricula sind auf andere Lehrangebote (z.B. berufliche Weiterqualifikation) auszudehnen.
- Eine Kooperation mit anderen Institutionen sowohl in der Lehre als auch in Projekten ist unabdingbar. Dies kann u.a. durch Tele-Lernen und Tele-Kooperation geschehen.